Schneeglöckchen

(botanisch: Galanthus nivalis)

„Nur das Zarte findet keinen Widerstand.“ (J. W. v. Goethe)“

Ich spaziere durch den lichtdurchfluteten Frühlingswald. Tief atme ich die klare, frische Luft ein und setze behutsam einen Schritt vor dem anderen, um ja kein Pflänzchen zu zertreten. Ich bin inmitten eines blühenden Schneeglöckchen-Teppichs bestehend aus tausenden von zarten, kleinen, weißen Blüten. Wie unglaublich ergreifend und friedlich ist dieser Anblick! Verzaubert von der anmutigen Schönheit dieses ersten Frühlingsboten, lege ich mich auf eine freie Stelle am feuchten Boden mit Blick in die Baumkronen und genieße es einfach zu Sein.

Ich bin mir sicher, dass ich nicht der einzige bin, dem beim Anblick des Schneeglöckchens warm ums Herz wird. Ist es doch gemeinsam mit der Frühlingsprimel ein erster „Lichtblick“ nach der kalten Winterzeit.

Warum diese kleine Blume so sehr unser Herz berührt und welcher Pflanzengeist ihr innewohnt, davon will ich Dir aus eigener Erfahrung erzählen.

Würde das Pflanzenwesen durch mich sprechen, was hätte es zu sagen?

Schneeglöckchen (Galanthus nivalis)

Schneeglöckchen (Galanthus nivalis)

„Drei Welten sind in mir vereint, drei Sphären Licht, das durch mich scheint. Was mich bestrebt auf Erden hier zu weilen, ist der Wunsch nach Einheit – die Vollkommenheit mit Milliarden anderer Wesen hier zu teilen. Ich geb dir Boden unter deinen Füssen und doch entziehe ich dir jeden Schein. Ich lass die Erde von dir grüßen und bin für einen Augenblick der Ewigkeit ganz Dein.

Vereint, verbunden, ewig liebend, zeig ich dir mein Antlitz, dass sich tief verborgen aus der dunklen Erde schmiegend. Ich lass dich sehen, dass Größe auch im Kleinsten weilt und das das Zarte jeden Widerstand vereint. So verweile in Bescheidenheit, im Glanz der Stille deines Seins. Dann spürst du keine Eitelkeit, keinen Drang zu tun, zu leben wozu du nicht bereit.

Sei behutsam, was dir vom Leben ist geschenkt, sei bedacht darauf, dass Du ganz achtsam wirst gelenkt. Von einer Schöpferkraft die jenseits allem Schein, dich durch alle Welten trägt in dem steten Wissen – Du bist nicht allein. Und wenn du meinst, es ist besonders schwer, besonders dunkel und du willst nicht mehr, dann gebe ich dir die Klarheit einfach zu vertrauen, und mit liebevollem Blick auf dein eignes Wesen hinzuschauen.

Ich stehe für des Lebens Einheit, für die Zartheit, die tief in dir entspringt. Ich gebe dir unendlich Freiheit, auch wenn die Ewigkeit dir stetig durch die Finger rinnt.
Und so, wie ich bin ein Frühlingsbote, als Ausdruck einer einzigen großen Liebe, bist auch du wie eine einzelne Note, ohne die die Symphonie der Welt doch unvollendet bliebe.“

Meine Begegnung mit dem Pflanzengeist

Unmittelbar als ich mit dem Schneeglöckchen in Kontakt kam, sah ich vor meinem inneren Auge einen weißen Schleier, der zu einem jungen Mädchen gehörte, das auf einem Pferd ritt. Aber nicht irgendwo auf Erden, sondern es war eher wie ein „Himmelsritt“ durch luftige Höhen. Wie von einem Sog mitgerissen folgte ich ihr durch diese fantastische Welt. Ich konnte kaum Luft holen, da verwandelte sich das ganze Bild zu einer Steppenlandschaft mit braunem Gras und Bergen am Horizont. Es war ein irrsinnig kraftvoller Ritt und doch von unbeschreiblicher Leichtigkeit und Behändigkeit. Und bevor ich mich versah, waren wir plötzlich winzig klein und befanden uns am feuchten, dunklen Erdboden eines Waldes. Ich war umringt von baumhohen Schneeglöckchen, die ihre saftig grünen Stengel mit den weißen Blüten kraftvoll himmelwärts reckten. Und mir ward, als ob ich plötzlich in den Boden hineinsehen konnte und mich tausende glitzernde Kristalle, wie Diamanten, aus dem dunklen Herz der Erde heraus anstrahlten. Absolute Stille – und ein kleines zartes, elfenartiges Wesen, das mir seine Hand entgegenstreckte und einen dieser glasklaren Kristalle schenkte. Ich nahm ihn zu meinem Herzen und alles um mich herum erstrahlte in gleisend hellem Licht. Das letzte, an was ich mich erinnern konnte, war eine Art Zauberstab mit dem das Wesen meine Stirn berührte und sich auch diese Welt in Nichts auflöste…..um mich hier sitzend auf der Bank im Garten wiederzufinden. In tiefer Stille gehüllt und mit einem unsagbar schönem Gefühl inneren Friedens, der aus der Mitte meines Herzens wie ein Kristall zu leuchten schien.

Was das Schneeglöckchen für Dich tun kann

Auf der geistig-seelischen Ebene

Schneeglöckchen (Galanthus nivalis)

Schneeglöckchen (Galanthus nivalis)

  • Es fördert Deine Selbstliebe und Selbstakzeptanz

    Das Schneeglöckchen bringt Dich in Berührung mit Deinem eigenen „zarten Sein“. Alles wird feiner, spürbarer, wacher. Alle Sinneswahrnehmungen werden klarer, als ob plötzlich ein Lärm aufhört und Du Dir der Stille gewahr wirst, die da ist. Du spürst Dich wieder in all der Leichtigkeit und Zartheit, die Dir innewohnt und kannst diese als kraftvolle Qualität jenseits aller Schwäche in Dir wahrnehmen und schätzen lernen.

  • Es bringt Dich in Berührung mit Deinem „Inneren Kind“

    Des Schneeglöckchens Zartheit in Verbindung mit seiner „luftigen“ und leichten Energiequalität bringt Dich in Kontakt mit Deinem „Inneren Kind“. Da es gleichzeitig das Herz öffnet, ist es leicht, diesen „zarten Teil“ von Dir mit Liebe und Verständnis zu begegnen. Es ist wie, als ob Du mit sanftem Blick auf Dein „Inneres Kind“ schaust und ihm die Freiheit gewährst zu Sein – mit all der Phantasie, der Lebensfreude und all seinen „Macken“.

  • Es klärt Deinen Blick für das Wesentliche

    Mit der Energie des Schneeglöckchens ist nicht mehr alles so wie es scheint. Es klärt den Blick für eine ganzheitlichere Betrachtungsweise. Mit seinen 3 + 3 Blütenblättern versinnbildlicht es die heilige Dreieinigkeit des Lebens wie Körper-Geist-Seele oder, christlich gesprochen, Vater-Sohn-Heiliger Geist. Es zeigt, dass das Göttliche gerade im Kleinen, in den für uns oft unscheinbaren Dingen verborgen liegt. So wie das Schneeglöckchen selbst klein und unscheinbar ist und doch unsere Herzen berührt.

„Das was uns berührt, ist niemals die Form selbst, sondern immer das Leben, das ihr innewohnt.“ (Alfred Zenz Jun.)

Schneeglöckchen (Galanthus nivalis)

Blütenkrone aus 3+3 Blütenblättern

  • Es vermittelt Leichtigkeit und Lebensfreude

    Es ist nicht nur ein Lichtblick am Ende eines kalten Winters, sondern auch die Blume, die „schweren Stimmungen“ Flügel verleiht.

So ist das Schneeglöckchen ein kraftvoller Begleiter für alle, die sich zu sehr in der „Welt da draußen“ verloren haben und sich schwer tun, wieder zurück in ihre Mitte zu finden. Gerade die Menschen, die als hochempfindlich gelten verschließen oft aus einem Schutzbedürfnis heraus ihr Herz vor der Welt und/oder sehen ihre hochsensiblen Veranlagungen eher als Schwäche oder lästige „Macken“.

 

Als ich diesen Artikel schrieb, war ich gleichzeitig mit einem Artikel über eben diese hochsensiblen Menschen beschäftigt. Als ich mit dem Schneeglöckchen in Kontakt kam, war mir klar, was diese beiden Themen gemeinsam haben.

Wenn Du zu dieser Menschengruppe gehörst, hilft Dir das Schneeglöckchen dabei diese „Gaben“ anzunehmen und Dich dafür zu lieben anstatt zu verurteilen. Das sind dann „die glitzernden Kristalle, die wie Diamanten, aus dem dunklen Herz der Erde heraus strahlen.“ Es sind in Wirklichkeit Gaben, die es zu leben gilt. (Den Artikel über Hochsensibilität findest du hier: „Hochsensibilität – Erwache zum Potential Deiner Wahrnehmung“)

Auf der körperlichen Ebene

Achtung! Das Schneeglöckchen ist giftig!
Keine Selbstanwendung!

Die dem Schneeglöckchen innewohnenden Wirkstoffe erhöhen die Konzentrationsfähigkeit und die Gedächtnisleistung. In der Medizin findet es daher Anwendung bei mittelgradiger Demenz von Alzheimer-Patienten.

Wie Du das Schneeglöckchen für Dich nutzen kannst

  • In der bewussten Begegnung (Meditation)

    Wenn Du besonders aufmerksam durch einen Wald oder Garten gehst, der jetzt im Frühling mit Schneeglöckchen übersät ist, wirst Du automatisch von seiner Energie eingehüllt. Dann kannst Du Dich ganz bewusst von seinem Geist berühren lassen.

  • homoöpathisch

    …findet es als Herzmittel Verwendung

Schneeglöckchen (Galanthus nivalis)

Ein Teppich aus Schneeglöckchen (Galanthus nivalis) in einem Auwald in Mureck (Südsteiermark)

Wo es wächst

Du findest das Schneeglöckchen z.B. in durchwachsenen Gärten unter Bäumen oder Sträuchern. Wild kommt es oft als blühender Teppich in so manchen Auwäldern vor.

Als ich ein Kind war, durfte ich jedes Jahr gemeinsam mit meinem Vater in seinem Alpengarten die Zwiebeln verschiedener Schneeglöckchenarten pflanzen. Als es Frühling wurde, schaute ich gespannt, ob sie schon irgendwo aus dem Boden „herausspitzen“ und war dann freudig fasziniert, wenn ich welche entdecken konnte. Für mich war es wie der erste Feentanz im Frühling. Seit dieser Zeit berührt dieses kleine Pflänzchen mein Herz und ich denke, das tut es bei sehr vielen Menschen.

Vielleicht hilft ja auch Dir das Schneeglöckchen Zugang zu Deinem eigenen „zarten Wesen“ zu finden und Dein „Inneres Kind“ mit all der Lebensfreude am Sein in die Welt zu tragen!

Ich freue mich auf Dein Kommentar!

herzliche Grüße,

Alfred Zenz – Der Seelengärtner

 


P.S.

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Auf den Spuren von Indiana Jones

Wie mächtige, lebendige Säulen ragen sie turmhoch in den Himmel. Ihre z.T. baumstammdicken Wurzeln haben die jahrtausendealten Bauwerke fest im Griff. Fast scheint es so, als ob die massiven Steinmauern als Substrat für diese Urwaldriesen dienen. Was für eine Erhabenheit, was für eine Kraft, die sich vor meinen Augen entfaltet und eine Atmosphäre schafft, die mit Worten nicht zu beschreiben ist!

Überwältigt von dieser Energie hier laufe ich wie von der Tarantel gestochen kreuz und quer durch die Tempelanlage und beklettere alles was möglich ist. Für die chinesischen Gruppen bin ich anscheinend ein gefundenes Fotomotiv und ich höre, wie eine Dame ruft: „Indiana Jones!“

Ich befinde mich hier in Kambodscha in einem verwachsenen Dschungeltempel, der Teil eines der berühmtesten Bauwerke dieser Erde ist: den Tempelanlagen von Angkor – laut Archeologen die seinerzeit flächenmäßig wohl größte Stadt auf dem Planeten!

Alfred Zenz Jun. im Dschungeltempel Beng Mealea nördlich von Angkor, Kambodscha

Alfred Zenz Jun. im Dschungeltempel Beng Mealea nördlich von Angkor, Kambodscha

Eine Dschungelstadt erwacht zum Leben

Als der portugiesische Kapuziner Antonio da Magdalena 1586 nach Angkor kam, beschrieb er das Vorgefundene „als so außergewöhnlich, dass man es weder mit einem Stift beschreiben, noch mit einem anderen Monument in der Welt vergleichen kann.“
Der Botaniker Henri Mohout machte letztendlich die vom Dschungel überwachsene Tempelstadt im Jahr 1860 weltbekannt und holte sie aus ihrem Dornröschenschlaf. 1992 wurde Angkor als eine Art „Weltwunder“ zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt.

Heute sind die Tempel von Angkor DAS Highlight eines jeden Kambodscha-Besuches und strahlen eine derartige Anziehung aus, dass jährlich geschätzte 5 Millionen Besucher ihrer Faszination erliegen!

Zeugnis einer einzigartigen Hochkultur

Angkor war einst das Herz des mächtigen Khmer-Reiches, das sich vom 09. bis 13. Jahrhundert in Indochina ausdehnte. Die Herrscher dieser Epoche sahen sich selbst als Gott-Könige und bezeugten ihre Macht im Außen mit imposanten Tempelbauten. Es war eine Hochkultur, die nicht nur architektonische Meisterleistungen vollbrachte sondern auch das ausgefeilteste Bewässerungssystem der damaligen Zeit schuf. Es stellte drei Reisernten pro Jahr sicherund ermöglichte die Ernährung einer Großstadt mit geschätzten 1 Mio. Einwohnern.

Der Dschungeltempel Ta Prohm. Kulisse für den Film "Tomb Raider"

Der Dschungeltempel Ta Prohm. Kulisse für den Film „Tomb Raider“

Eine so erfolgreiche, wohlorganisierte Zivilisation hat es wohl zu dieser Zeit nirgends wo sonst auf der Welt gegeben. Experten vermuten, dass im Königreich Angkor an seinem Höhepunkt bis zu einer Million Menschen auf etwa 1000km² gelebt haben. (im Vergleich: Berlin ist knappe 900km2 groß).

Nun gut, aber was hat nun dieser Ort, dass er Menschen derartig in seinen Bann zieht und welche Rolle spielen die Bäume darin?

 

Wenn aus Ruinen Grüne Kathedralen werden

Anfang des 20. Jahrhunderts begannen die ersten französischen Restauratoren und Architekten die Tempel von Angkor zu restaurieren und vom Dschungel zubefreien. Dabei beschlossen sie einen Tempel in dem Zustand zu belassen, in dem sie ihn vorfanden. Die Wahl fiel auf Ta Prohm, der heute als „DerDschungeltempel“ bekannt ist.

Die Atmosphäre, die er ausstrahlt, ist derart mystisch, dass er 2001 als spektakuläre Kulisse für den Hollywood-Blockbuster „Tomb Raider“ mit Angelina Jolie in der Hauptrolle ausgewählt wurde.

Wurzeln von des Thitpok-Baumes (Tetrameles nudiflora) im Tempel Ta Prohm in Angkor, Kambodscha

Wurzeln des Thitpok-Baumes  im Tempel Ta Prohm

Du kannst Dir wahrscheinlich denken, an welchem von all den unzähligen Tempeln in Angkor ich mich mit Abstand am längsten aufgehalten habe 🙂

Was mich als Naturliebhaber hier natürlich am meisten beeindruckte, war diese einzigartige Symbiose von Mensch und Natur. Es ist, als ob der Dschungel mit den Tempelruinen eins wird, sie wortwörtlich durchwächst, um aus den Trümmern einer längst vergessenen Hochkultur ein neues Bauwerk zu erschaffen. Ein Kunstwerk wozu kein Menschenwesen jemals fähig wäre: Ich nenne sie die „Grünen Kathedralen von Angkor“.

Der Tempel im Würgegriff der Bengalischen Feige

Ta Prohm ist mit seinen monumentalen Baumwurzeln, die ganze Gebäudeteile umschließen und meterdicke Sandsteinmauern wie Knäckebrot sprengen, eines der beliebtesten Fotomotive in Angkor.

Neben dem Thitpok-Baum (Tetrameles nudiflora) mit seinen beeindruckenden „Brett-Wurzeln“, ist es vor allem auch die Bengalische Feige, die Mauern und Türme „fest im Griff“ hat.

Bengalische Feige oder Banyan-Baum (Ficus benghalensis)

von Würgefeige umschlossener Tempel in Koh Ker nördlich von Angkor, Kambodscha. Mit Alfred Zenz Jun.

von Würgefeige umschlossener Tempel

Der Grund, warum man gerade von diesem Baum so viele Tempelbereiche umschlossen findet, ist seine kompromisslose Art sich zu verbreiten.

Sein Same keimt nämlich bevorzugt im Geäst anderer Bäume. Von dort aus bildet er schon als junges Pflänzchen „Luftwurzeln“, die frei herunterhängen. Haben sie den Erdboden erstmal berührt, schlagen sie sofort Wurzeln und bilden einen richtigen Stamm. Es kommt zu einem massiven Wachstumsschub, da das Bäumchen nun nicht mehr ausschließlich auf das Substrat angewiesen ist, das sich auf dem Wirtsbaum befindet. Wie eine Würgeschlange umschließt es den Stamm seines Wirtsbaum, bis dieser mit zunehmendem Alter erdrückt wird und schließlich abstirbt. Deshalb wird der Banyan auch Würgefeige genannt.

Luftwurzeln des Banyan-Baums (Ficus benghalensis)

Luftwurzeln des Banyan-Baums (Ficus benghalensis)

Trotz dieser nicht sehr feinen Umgangsart mit seinen „Kollegen“ zählt der Banyanbaum zu einem der heiligsten Bäume Ostasiens! Aufgrund dieses „auf den Kopf gestellten“ Wachstums (die Wurzeln „kommen“ vom Himmel herab) gilt er im Hinduismus als Ort „göttlicher Präsenz“ – er ist zugleich Baum der Erkenntnis und des Lebens.

Keimt der Baum nun auf dem Dach eines Tempels geschieht das gleiche mit dem Bauwerk, nur dass dieses halt nicht abstirbt. Nach Jahrzehnten oder gar Jahrhunderten entsteht so eine unglaublich beeindruckende Verschmelzungen zwischen Baum und Bauwerk, die jeden Besucher in Erstaunen versetzt.

Wenn die „Grünen Kathedralen“ fallen

Man braucht kein hochsensibler Mensch zu sein, um die lebendige Kraft wahrzunehmen, die solch ein Ort ausstrahlt. Man spürt den Unterschied, wenn man von einem der säuberlich vom Dschungel befreiten Tempel in diese nahezu unangetasteten Ruinen kommt.

Ich bin davon überzeugt, dass hier vor allem eins die Massen anzieht – Naturfaszination. Etwas, was uns tief im inneren berührt und sich mit keinem historischen Geschichtsbuch erklären lässt.

Tempel Bantey Kdei in Angkor, Kambodscha. Mit großem Thitpok-Baum (Tetrameles nudiflora)

Tempel Bantey Kdei in Angkor. Mit großem Thitpok-Baum (Tetrameles nudiflora)

Ich schaue in die mächtigen Baumkronen und freue mich, dass hier die alten Bäume bewahrt wurden. Anders als ich es auf den Dschungeltrekkings erlebt habe, wo kaum mehr ein Urwaldgigant zu sehen ist. Auch hier in Kambodscha schreitet die Rodung des Regenwaldes wie überall in den Tropen rasant voran. Nach Angaben der Landwirtschafts- und Ernährungsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) wird ALLE 2 SEKUNDEN weltweit eine Waldfläche in der Größe eines Fussballfeldes vernichtet!! (das sind in etwa 3500m2 pro Sekunde!).

Und ich frage mich, wie wenig müssen uns die Wälder wert sein, dass das möglich ist?

  • Wenn ein durchschnittliches Einfamilienhaus abgerissen wird, dauert es in etwa 1 Jahr bis ein neues Haus gebaut ist. Wenns schnell gehen soll, steht so ein Haus auch schon nach wenigen Monaten.
  • Wenn eine unserer Kirchen oder Kathedralen zerstört wird, wie z.B. die Frauenkirche in Dresden im Zweiten Weltkrieg, dauert es ein Jahrzehnt bis sie wieder instand gesetzt sind.
  • Selbst viele der unglaublichen Tempel von Angkor werden seit 1908 erfolgreich rekonstruiert. Und mag es weitere 100 Jahre dauern, es ist auf alle Fälle möglich!
  • Wenn Du einen 500 Jahre alten Baum fällst, dauert es – richtig – 500 Jahre bis ein neuer Baum dieser Dimension heranwächst. Aber Du kannst nichts dazu tun, um es zu beschleunigen. Wir können nicht an den Bäumen ziehen, damit sie schneller wachsen.
  • Ein bisher vom Menschen unangetasteter Urwald (man nennt so etwas Primärwald) beherbergt ein über Jahrtausende gewachsenes, stabiles Ökosystem mit einer unglaublichen Artenvielfalt an Pflanzen und Tieren. Wenn so ein Wald zerstört wird dauert es tausende von Jahren, bis dieser Zustand wieder hergestellt ist. Und kein Geld der Welt und keine noch so moderne Technologie vermögen dies zu beschleunigen.

Sollten aus dieser Sicht unsere Wälder nicht bedeutender sein als alle historischen Bauwerke zusammen?
Was wäre, würden wir unsere noch vorhandenen Urwälder so wertschätzen wie die Tempel und Kirchen vergangener Kulturen und Epochen? Wie viel „heiliger“ würde uns dann ein alter Baum oder ein alter Wald erscheinen?

Die Wälder wären für uns wie Grüne Kathedralen von zeitloser, lebendiger Schönheit. Und der wohl unmittelbarste Zugang zur Kraft, die aller Schöpfung zugrunde liegt.

mit herzlichen Grüßen,

Alfred Zenz Jun.