Schwarzdorn oder Schlehdorn

Prunus spinosa, Familie: Rosengewächse, Rosaceae

„Seine Blüten und Stacheln verkörperten Schönheit und Bewaffnung, Leben und Tod, Licht und Schatten gleichermaßen.“ (Fred Hageneder, Der Geist der Bäume)

Fast wie Marderaugen schauen einen die schwarzen Beeren an, die übervoll am dornigen Strauch hängen. Jetzt im Herbst, wo die Blätter abgefallen sind, zeigen sie sich in voller Pracht und gleichen in ihrem Aussehen fast der gefährlichen Tollkirsche… Die Rede ist von den Schlehen, den Früchten des Schwarzdorns, der auch „Schlehendorn, Schlehe, Sauerpflaume, Heckendorn“ oder „Deutsche Akazie“ genannt wird.

Ein dorniges Heckengehölz mit starker Schutzwirkung

Der Schwarzdorn ist ein dicht verzweigter, sparrig wachsender Strauch, der 3 bis 6 Metern hoch werden kann und dabei ein Alter von bis zu 40 Jahren erreicht. Ein Grund für den Namen „Schwarzdorn“ ist seine dunkle, schwärzliche Rinde, die im fortgeschrittenen Alter in schmale Streifen zerreißt. Und natürlich seine ausgeprägten, langen Dornen, die im botanischen Sinne nichts anderes als umgewandelte Seitentriebe sind (sogenannte „Sprossdornen“). Sie sind eine evolutionäre Anpassung an Hitze, was den Schwarzdorn befähigt auch extrem trockene Standorte zu besiedeln. So findet man den dicht verästelten Strauch bevorzugt an sonnigen Standorten wie Weg- und Waldrändern sowie felsigen Hängen und Steinhalden in Höhenlagen von bis zu 1.600 Metern.

Der Schwarzdorn hat ein flaches und weitreichendes Wurzelsystem, aus dem mit ungebremster Vitalität immer neue Schösslinge austreiben. Wenn dieser Strauch einmal etabliert ist, können durch die Wurzelbrut und seine zusätzlich starke Bedornung undurchdringliche Gestrüppe entstehen, „das niemand passieren kann, der größer als ein Kaninchen ist“ 1. In freier Natur sind diese natürlich ein ausgezeichneter Schutz für Vögel und Wildtiere aller Art. Ein Vogel, der den Schwarzdorn als Vorratskammer der ganz besonderen Art nutzt, ist beispielsweise der Neuntöter. Er hat die Eigenart seine aus Insekten und Mäusen bestehende Beute an den Dornen aufzuspiessen und so zu „lagern“.

Weiße Blüte – Schwarze Frucht

Es hat etwas Magisches, wenn der Schwarzdorn im März oder April zu blühen beginnt und aus dem noch blattlosen, schwarzbraunen Geäst über Nacht plötzlich unzählige, hell-weiße, kirschähnliche Blüten erscheinen. Charakteristisch ist dabei ihr leichter Duft nach Mandel. Ganz im farblichen Kontrast dazu sind seine Früchte – kugelige, blauschwarz bereifte, zwischen 6 und 18mm große Steinfrüchte, auch Schlehen genannt. Die Schlehen reifen ab Oktober bis November. Wenn sie nicht von den Vögeln gefressen werden bleiben sie dabei den ganzen Winter über am Strauch („Wintersteher“). Der Name „Schlehe“ (althochdeutsch „sleha“) wird übrigens auf die Farbe der Frucht zurückgeführt und leitet sich vom indogermanischen Wort „(s)li“ ab, was „bläulich“ bedeutet.

Sprossdorn mit Blüten

Blüte im März

kugelige, blauschwarz bereifte Schlehe

Was der Schlehdorn für unsere keltisch-germanischen Vorfahren bedeutete

Ein Grenzgänger zwischen Licht und Schatten

So weiß und duftend seine Blüten sind, so dunkel ist sein Holz und so tiefschwarz sind im Herbst seine Früchte. Für unsere keltisch-germanischen Vorfahren offenbarte der Schwarzdorn damit die Kräfte der weißen, jungfräulichen Lichtgöttin ebenso wie die der schwarzen Winter- oder Todesgöttin.

Für die schamanischen Stammesvölker verkörperte der Schwarzdorn damit die sexuell-schöpferischen Urkräfte im Menschen und damit das Spannungsfeld zwischen männlich und weiblich. So spielte er stets eine wichtige Rolle bei den alten, heidnischen Frühlingsorgien. Ein alter Spruch sagt noch: „Blühen die Schlehen reichlich, so gibt es wenige Jungfrauen und viele uneheliche Geburten.“2

Ein „böser“ Hexenbaum zu mittelalterlichen Zeiten

Als sich später das Christentum immer weiter ausbreitete veränderte sich diese ganzheitliche Sicht und die Natur wurde in „gut“ und „böse“ unterteilt. Zweifellos gehörte der Schwarzdorn natürlich der dunklen Seite an und galt als feindseliger, bösartiger „Hexenbaum“. Von den Kelten der britischen Inseln weiß man, dass der Schwarzdorn für sie eine Unglück verheißende Pflanze war, die man zu meiden versuchte. Zudem stellten die wilden, irischen Krieger seit jeher ihre gefürchteten Totschläger aus dem zähen Holz her. So wurde bei den Inselkelten der Schwarzdorn letztendlich zum Symbol des Streits. Niemand würde es wagen einen blühenden Schlehdornzweig mit ins Haus zu nehmen, dem sein Haussegen noch irgendwie heilig war. Die Verteufelung des Schwarzdorns erreichte seinen Höhepunkt zur Zeit der Hexenverfolgung, indem „Hexen“ und „Ketzer“ auf Scheiterhaufen aus Schwarzdornholz verbrannt wurden.

Eine hervorragende Schutzpflanze in Osteuropa

Ast mit Sprossdornen

Ganz anders hingegen im Osten Europas, wo der Einfluss der Kirche nicht so stark war. In Slowenien beispielsweise diente der Schwarzdorn stets als eine der besten Schutzpflanzen vor Vampiren, bösen Geistern und Hexen. So nähten sich slawischen Mädchen zum Schutz vor derlei Bösewichten Schwarzdornsplitter ins Kleid. Und in der Walpurgisnacht steckte so mancher Bauer einen Schwarzdornzweig auf den Misthaufen oder nagelte sich einen über die Stalltür.2 Zu diesem Zweck wurde er gerne als Heckenpflanze in der Nähe von Häusern, Höfen und Weiden gepflanzt.

Dornen-Tinte und Sperrhölzchen

Neben der esoterischen Anwendung diente der Schwarzdorn als Strauch aber auch zu ganz praktischen Zwecken. Noch im Mittelalter wurde aus seiner Rinde Tinte gewonnen. Diese „Dornentinte“ wurde in den mittelalterlichen Skriptorien verwendet, geriet dann aber in Vergessenheit.5 Und die Schwarzdornblätter dienten als Tabakersatz, während seine Dornen von Wurstherstellern als Sperrhölzchen Verwendung fanden.

Wie du die Kraft des Schwarzdorns am besten für dich nutzen kannst

In der naturheilkundlichen Anwendung (traditionelle Volksmedizin)

  • Innerlich angewendet finden Blüten, Blätter und Früchte Einsatz bei Nierensteinen, Blasen- und Prostatakrankheiten, Magenkrämpfen, Verstopfung, Erkältungskrankheiten und vor allem bei allerlei Hautproblemen wie z.B. Flechten, und Ekzemen. Ein Tee aus den Blüten wirkt harntreibend, blutreinigend, magenstärkend, fiebersenkend, zusammenziehend und mild abführend. Ähnlich wie die Blüten des Weißdorns zeigen die des Schwarzdorns auch bei Neurosen und Herzschwäche ihre Wirksamkeit.3 Zwei gehäufte Teelöffel Blüten mit 1/4 Liter Wasser übergießen, erhitzen und langsam zum Sieden bringen. Danach abseihen. (2 Tassen ungesüßt täglich)
  • Äußerlich hilft ein Aufguss aus den Blättern oder Blüten als Waschung und/oder Umschlag bei Hautunreinheiten. Die Zubereitung ist dabei die gleiche wie des Tees.
  • Der Fruchtsaft aus den Schlehen wirkt in allem sehr ähnlich wie der Tee aus den Blüten. Im Speziellen wurde er zum Spülen bei Entzündungen des Mundes und des Rachens benutzt. Er wirkt generell zusammenziehend, entzündungshemmend, stoffwechselanregend sowie allgemein das Immunsystem stärkend. So unterstützt Schlehensaft vor allem die Rekonvaleszenz, vollständige Genesung nach einer Krankheit.4

Zur Vorbeugung von Krankheiten und Infekten empfiehlt sich jeden Tag ein kleines Glas (Schnapsglas) Schlehensaft zu trinken. Die Zubereitung für den Saft findest du weiter unten.

Als Wildgemüse und Lebensmittel

Die schwarzen, kugeligen Früchte – die Schlehen – beginnen ab September reif zu werden – Aber Achtung! Wenn du die unreifen, also die prallen und noch festen Früchte versuchst zu essen, wirst du sehr schnell ihren extrem sauren und herben Geschmack bemerken und sie wahrscheinlich wieder ausspucken. (Unreife Schlehen eigenen sich wahrlich zum Trainieren der Gesichtsmuskulatur!) Deshalb empfiehlt es sich hier bis nach dem ersten Frost zu warten. Durch die Frosteinwirkung wird nämlich ein Teil der bitter schmeckenden und adstringierend wirkenden Gerbstoffe in den Früchten abgebaut wodurch das Fruchtfleisch schmackhafter und damit genießbarer wird.

Wenn du nicht bis zum Frost warten möchtest, kannst du die Früchte auch für einen Tag in die Gefriertruhe legen, was einen ähnlichen Effekt hat. In unreifem Zustand kann das Steinobst z. B. wie Oliven eingelegt werden. Reif wird es beispielsweise zur Herstellung von Mus, Marmelade, Fruchtsaft, Sirup und Obstwein verwendet.

Rezept für Schlehensaft mit dem Dampfentsafter 4

Eine einfache, schnelle und vor allem schonende Möglichkeit, Fruchtsaft aus den Schlehen zu gewinnen, ist mit dem Dampfentsafter.

  1. Die gesammelten Schlehen in den obersten Behälter geben.
  2. Dann, ganz nach der Bedienungsanleitung des Gerätes, den untersten Behälter entsprechend mit Wasser befüllen und den Topfinhalt zum Kochen bringen.
  3. Insgesamt das ganze mehrere Stunden lang köcheln lassen und immer wieder den Saft in entsprechend vorbereitete Flaschen heiß abfüllen. (Die Flaschen vorab mit kochendem Wasser keimfrei machen)
  4. Wenn die Beeren vollständig zusammengefallen sind und kein Saft mehr herauskommt, ist der Vorgang abgeschlossen.
  5. Den Saft kannst du jetzt so belassen und beim Verzehr ganz individuell süßen oder du verleihst ihm gleich die nötige Süße. Für einen 3/4 Liter Saft nimmt man in etwa einen 1/2 kg Zucker. Saft und Zucker gemeinsam aufkochen, in Flaschen abfüllen und sofort verschließen. Eine weitere Möglichkeit ist, den Zucker bereits zusammen mit den Beeren in den Dampfentsafter zu geben.

Tipps für weitere Verwendungsmöglichkeiten
Mit dem ungesüßten Saft kannst du natürlich auch allerlei andere Sachen zubereiten wie zum Beispiel Schlehengelee oder Schlehensirup.

gesammtelte Schlehen

Fruchtsaft-Gewinnung mit dem Dampfentsafter

Schlehen-Saft abgefüllt

„Sloe Gin“ – eine Spirit-tuose der besonderen Art

Kulinarischen Aufwind haben die Schlehen heute vor allem in Form des sogenannten „Sloe Gin´s“ bekommen. Sloe Gin ist ein Gemisch aus Wacholderschnaps (also dem traditionellen Gin), der mit Schlehenbeeren aromatisiert wird. Die Schlehen sind dabei Hauptzutat und Namensgeber, denn „sloe“ ist das englische Wort für „Schlehe“.

Charakteristisch für einen Sloe Gin ist sein beerig-fruchtiger und mehr oder weniger süßer Geschmack, der vom Aroma aufgegriffen wird. Im Gegensatz zum glasklaren Gin, leuchtet der Sloe Gin ein einem dunklen, geheimnisvollen Rubinrot und gilt aufgrund des geringen Alkoholgehalten als Likör. In Deutschland wird der Sloe Gin auch als „Schlehengin“, „Schlehenlikör“ oder auch als „Schlehenfeuer“ geführt.

Der rote Schlehenlikör wurde traditionell im Winter getrunken, um von innen heraus aufzuwärmen und eine Art Glühwein-Ersatz darzustellen. Seinen Ursprung hat der Sloe Gin übrigens in England, wo Schlehensträucher fast überall wachsen und wo ohnehin die meisten Gin-Kreationen erdacht werden.5

Schlehen – Die Früchte des Schwarzdorns im Oktober im noch „unreifen“ (ohne Frost) Zustand

Der Schwarzdorn – Ein Kraftspender auf vielen Ebenen

Abseits der Kulinarik erfährt der Schwarzdorn durch seine Ausbreitungskraft, sein starkes Wurzelwerk und seine Windbeständigkeit heute vor allem noch Verwendung als Autobahnbegleitgrün sowie zur Befestigung von Hängen und Böschungen. Ich habe die Schlehe in der Gartengestaltung immer wieder gerne in Wilde Hecken eingebaut – als Vogelschutzgehölz und heimisches Wildobst.

Vielleicht hat dieser Artikel ja in dir eine gewisse Neugier und Lust ausgelöst, dich näher mit dem Schwarzdorn zu beschäftigen. Wenn dir jetzt im Spätherbst plötzlich die schwarzen Schlehen entlang der Straße oder am Waldrand auffallen und dich ihre Schönheit in den Bann zieht, mag das ja vielleicht schon der Ruf des seines Wesens sein.

Es hat jedenfalls einen guten Grund, warum er für unsere keltisch-germanischen Vorfahren als Pflanze eine so kraftvolle und große Bedeutung hatte. Vielleicht entdeckst ihn ja für dich nicht nur als Blütenstrauch, Wildobst, Naturheilmittel oder kulinarische Besonderheit wieder. Vielleicht kommst du ja auch mit seinem Pflanzengeist in Kontakt, der dir hilft, dich über so manche Grenzen hinwegzusetzen.

Welche feinstoffliche Wirkung er auf dein geistig-seelisches Befinden hat und wie du seine innewohnende Kraft für deine persönliche Weiterentwicklung nutzen kannst, das erfährst du in einer meiner nächsten Artikel. „Der Schwarzdorn Teil 2 – Der bedornte Krieger in blühend weißer Unschuld“

Ich freue mich auf dein Kommentar!

Herzlichst,

Alfred Zenz Jun. – Der Seelengärtner

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Quellenverzeichnis

1 HAGENEDER, Fred: Der Geist der Bäume. Eine ganzheitliche Sicht ihres unerkannten Wesens. Neue Erde, Saarbrücken, 5. Auflage 2014
2 STORL, Wolf-Dieter: Pflanzen der Kelten. Heilkunde, Pflanzenzauber, Baumkalender. AT Verlag, Aarau, 4. Auflage 2005
3 STRASSMANN, Renato: Baumheilkunde. Heilkraft, Mythos und Magie der Bäume. Knaur Verlag, München, 2008
4 https://www.t-online.de/leben/essen-und-trinken/id_70570410/rezept-fuer-schlehensaft.html
5 https://www.rumundco.de/Gin-Allgemein-Sloe

6 Kommentare
  1. Barbara sagte:

    Danke für die Vermittlung des alten Wissens und die Zubereitungsbeschreibungen – auch die der Wilden Karde!
    Gibt es in diesem Jahr kein Vorweihnachtsspecial?
    LG
    Barbara

    Antworten
    • Alfred Zenz sagte:

      Liebe Barbara,

      Danke fürs Teilen! Nein, Vorweihnachts-Special habe ich diesmal keines, schalte hier ein bißchen zurück. Dafür gibts ein Pflanzengeister YULES 🙂
      alles liebe dir,

      Alfred

      Antworten
  2. Kiba von Marmelade einkochen sagte:

    Servus Alfred, vorab ein Kompliment für den gelungenen Beitrag zum Schwarzdorn. Habe viel dazu gelernt. Ergänzend findet ihr das passende Schwarzdorn Marmeladen bzw. Gelee Rezept in meinem Marmeladen Blog. Bleibt gesund und freue mich auf neue Beiträge. Viele Grüße Kiba von Marmelade-einkochen.de

    Antworten

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